Ein Telefon reicht für Sebastian Göbel nicht. Er hält das Handy in einer Hand, in der anderen ein Funkgerät – parallel dazu bedient er die Fernsteuerung eines kleinen Krans, der Einzelteile seines Riesenrades anhebt und an die richtige Stelle setzt. Nebenbei führt er noch einen kleinen Plausch mit Michael Schrödelsecker vom Weinheimer Ordnungsamt oder mit einem Fernsehsender. Man merkt: Sebastian Göbel ist mit Rummel groß geworden.
Im wahrsten Sinne des Wortes. Er stammt aus einer großen Schausteller-Dynastie aus der rheinhessischen Stadt Worms – und er ist mit Riesenrädern aufgewachsen. Eines der Göbel-Prachtexemplare steht seit Jahren auch an der Weinheimer Kerwe. Am Mittwoch wurde es aufgebaut und wuchs langsam dem Himmel entgegen.
37 Meter hoch wird es sein, wenn es sich ab Freitag bis Montag neben dem Roten Turm dreht, auf Augenhöhe mit dem Kirchturm und der Rathausturm und – gefühlt – mit der Burgruine Windeck. Am Dienstagabend wurde das Riesenrad von mehreren Tiefladern angekarrt. Es muss in Weinheim immer zuerst vor Ort sein, sonst kommt es nicht mehr durch. Die Kerwe mitten in der Altstadt stellt große Herausforderungen an Schausteller und Ordnungskräfte – bietet dafür aber auch eine einzigartige Atmosphäre.
Am Mittwoch in aller Herrgottsfrühe haben Göbels Männer angefangen, den Giganten zusammenzuschrauben. Harte Kerle in weißen Unterhemden sind es, die mit großen Schraubenschlüsseln hantieren. Erstaunlich, wie viel echte Handarbeit dahinter steckt. Man hört babylonisches Sprachgewirr. Erst kommt der Unterbau, dann die Speichen, ganz zum Schluss werden die Gondeln befestigt.
Der Aufbau des Riesenrades ist am Mittwoch quasi das Meisterstück des Kerweaufbaus. Überall in den Straßen zwischen Schloss und Grundelbachstraße wird gehämmert und geschraubt. Lastwagen und Autos mit Anhängern rangieren scheinbar kreuz und quer. Es herrscht Aufbruchstimmung nach zwei Jahren Coronapause.
Der kleine Helikopter steht schon auf der Terrasse des Weinheimer Schlosses genau unter dem OB-Balkon. Das Angebot der Helikopter-Disco auf der Schlossterrasse könnte ein einmaliges Angebot an der Weinheimer Kerwe sein. „Schon daher sollte man es nicht verpassen“, rät Weinheims Pressesprecher Roland Kern. Denn nur noch in diesem Kerwesommer gibt es eine Vakanz bei der Verpachtung des Schloss-Restaurants, so dass die Terrasse an Kerwe frei nutzbar ist.
Die Hirschberger Veranstaltungsagentur Demi-Promition, die ein langjähriger Partner der Stadt ist, hat die Gelegenheit genutzt, dort über Kerwe eine Freiluft-Disco aufzubauen – der DJ mixt tatsächlich aus einem kleinen Helikopter heraus. Die neue und wahrscheinlich einmalige Helikopter-Disco hat an allen Kerwetagen geöffnet – unabhängig von der Absage der Illumination. Für die kleine Wiese vor der Terrasse wurde mit der Feuerwehr ein Brandschutzkonzept vereinbart.
Auf dem Marktplatz entstehen langsam Zelte, Getränkelaster spucken scheinbar Unmengen an Kästen, Flaschen und Fässern aus. Diebsloch-Wirt Gerald Haas hantiert mit einem Laubbläser, Andres Salazar vom Café Florian, öffnet das Kellerfenster für Bierfässer, die sanft ins Gewölbe rutschen. Getränke-Händler Roland Müller beherrscht den Sackkarren wie Vettel seinen Ferrari. Henning Seeger zimmert eine Weinbar im Schlosshof um seine „Wineheim“-Ape.
Unten im Gerberbachviertel entstehen die Straußwirtschaften, die „Gsckmacksach“, das „1720“, das Kerwehaus, das „DACHI“ in der Ulner-Kapelle. Fleiß und Umtriebigkeit mischen sich mit Vorfreude und Respekt vor dem, was an den nächsten Tagen passiert.
Wie viele Menschen werden strömen nach zwei Jahren Corona? „Wenn man die Hemsbacher Kerwe als Maßstab nimmt, dann werden es Unmengen sein“, schätzt Sebastian Sorn, Vertriebsleiter und Eventchef der Weinheimer Hausbrauerei. Weinheim ist gewappnet.
Pressemitteilung der Stadt Weinheim, 10. August 2022