Die Bässe wummern, die Menschen nicken und wippen im Takt der Musik. Aber nicht nur die Köpfe und Hüften, auch die Küchenmesser in den Fingern zucken im Rhythmus des Beats. Außergewöhnlich? Ja, stimmt. Besonders – ja! Unwirklich? Nein, denn die Szene beschreibt eine „Schnippel-Disco“. Eine Gruppe von Menschen, gerne viele ganz unterschiedliche, sitzen zusammen an Tischen, frisches Gemüse vor sich, Messerchen und Gemüseschäler in der Hand – und sie schnippeln, was die Klingen hergeben.
Wenn in Weinheim am Wochenende 10. und 11. September – parallel zum schon traditionellen Weinheimer Herbst mit Dürreplatzfest am Samstag und Verkaufsoffenen Aktionstag am Sonntag – der erste Weinheimer Slow Food Markt steigt, dann gibt es auch – erstmals in der Gegend – eine solche „Schnippel-Disko“: um 16 Uhr (bis etwa 20 Uhr) an einer kleinen Show-Bühne in der Mittleren Hauptstraße. Geschnippelt und dann selbst gekocht (und gespeist) wird im Rhythmus von DJ-Klängen mit DJ Zelecter (alias Michael Nagy). Das Gemüse dazu stammt von der Food-Sharing-Gruppe Weinheim/Viernheim und wurde vorm Wegwerfen „gerettet“.
Im Team eine „Masterin of Gastronomy“
Denn es ist ohne Frage ein Zeichen der Zeit: so zu essen und zu trinken, dass es den Grundsätzen der Nachhaltigkeit entspricht. Also regional und weitgehend biologisch, nicht verschwenderisch, produktbezogen, saisonal, gesund und lecker zubereitet. Lange bevor zum Beispiel der Zusammenhang zwischen Nahrungsmittel und Essgewohnheiten mit Tierwohl und Klimaschutz so heftig diskutiert wird wie in jüngster Vergangenheit, hat sich in Italien die internationale Slow Food-Bewegung gegründet, die seit nun 30 Jahren in Deutschland aktiv ist. Ihre Maxime: Gutes, sauberes und faires Essen für alle.
Diese Bewegung hat auch Weinheim erreicht, spätestens seit die gebürtige Österreicherin, Feinkost-Händlerin und Gastronomin Jasmine Letschnig mit ihrer „Genuss x Zeit – Die österreichische Botschaft“ nach Weinheim ins Karlsberg Carré gekommen ist.
Jasmine Letschnig hat einen Abschluss als „Master of Gastronomy“ der renommierten Slow Food Universität in Pollenzo, Piemont und ist seit ver Jahren Mitglied des Leitungsteams der lokalen Slow Food-Gruppe Rhein-Neckar, eine der über 80 Regionalgruppen von Slow Food Deutschland.
Auf ihre Initiative hin und mit ihrer Unterstützung veranstaltet die Stadt Weinheim an diesem letzten Wochenende der Sommerferien den ersten Slow Food Markt der Region. Neben Slow Food Rhein-Neckar ist Slow Food Pfalz in die Organisation eingebunden. Das heißt: Der Markt für handwerklich hergestellte Lebensmittel hat reichlich Erfahrung und Expertise im Hintergrund.
Maria Zimmermann und Roland Kern vom Amt für Touristik, Kultur und Öffentlichkeitsarbeit haben die Chance aufgegriffen und die Idee eines Slow Food Marktes zum Weinheimer Herbst weiterentwickelt. Der Markt in der Mittleren Hauptstraße folgt auf den früheren Provence-Markt, der sich im Moment nicht mehr realisieren lässt.
Jasmine Letschnig und Martina Bauder von Slow Food Pfalz haben in ihrem Slow Food-Netzwerk „getrommelt“ und engagierte Betriebe aus den umliegenden Regionalgruppen gewinnen können. Angeboten wird Käse, Wurst, Trüffeliges, Cassisprodukte, Flüssiges und Spritziges, spannende Essigprodukte, feine Öle, alte Gemüsesorten, Weine, Kaffees, Honig und vieles mehr anbieten.
Michael Kress und sein gutes Brot
Das Erscheinungsbild soll einheitlich und hochwertig sein. Das gelingt auch deshalb, weil es die Stadt geschafft hat, aus dem Sofortprogramm Einzelhandel des baden-württembergischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus eine Förderung zu bekommen. Das Ziel des Programms ist eine Belebung der Innenstädte nach Corona.
Mit diesem Rückenwind aus Stuttgart kann die Stadt den Slow Food-Markt angemessen ausstatten und im Rahmenprogram weitere spannende Ereignisse organisieren. Weitere passende Vorträge ergänzen das Programm, ein überzeugter Mitstreiter ist zum Beispiel der Weinheimer Brot-Sommelier Michael Kress. Wir über alte Getreidesorten und gutes Brotbacken sprechen und vor Ort mit den Besuchern seine Handwerkskunst am Ofen umsetzen.
Pressemitteilung der Stadt Weinheim, 29. August 2022